Aloha auf Aroha & die Kiwiflüsterer
20.03.2016Neuseeland, Nordinselabenteuer
(0 Bewertungen)Aroha Island & Russell
Wir haben zwar einen Van, der zertifiziert -self-contained- ist, aber es gibt im Norden wenig passende freie Stellplätze für die Nacht. Also landen wir wieder mal auf einem Campingplatz. Wie gehabt, hat Tourguide Bianca das Nützliche mit dem Interessanten verbunden: Wir verbringen eine Nacht auf Aroha Island und haben gleichzeitig die Möglichkeit, das Nationaltier - den Kiwi (Vogel) - zu erleben/sehen. Eine Nacht = eine Chance. Dachten wir.
Schon seit unserer Ankunft auf der Insel (siehe Ende unseres vorher gegangenen Abenteuers: Dead Battery & lebendige Geschichte) dachten wir über das Angebot nach, das uns kurzerhand nach 5 Minuten Gespräch unterbreitet wurde. Obwohl uns unser Bauchgefühl schon von Anfang an zu überzeugen versuchte: also bleiben wir hier und volunteeren eine Woche. Noch mehr Chancen, die Kiwis zu sehen.
Schon am ersten Morgen lernen wir dann gleich das ganze Team kennen. Es besteht aus Simon, Wendy (Manager) & Phil und Mihi (Teilzeit-Beschäftigte). Bevor wir mit anpacken, wollen wir jedoch erstmal unsere Vorräte aufstocken und den Farmers Market in Kerikeri besuchen, der jeden Samstag und Sonntag stattfindet. Dort versorgen wir uns ausgiebig mit günstigen Veggies und begutachten auch den Kinoplan ausführlich. Wir kaufen den Rest bei New World ein und danach geht’s schließlich zurück nach Aroha Island, wo die Arbeit wartet.
Es ist immer was zutun
Thomas muss direkt mit Schaufel und Hacke loslegen und eine Wasserleitung neu verlegen. Die Insel ist vom Regenwasser abhängig und das wird in knapp einem Dutzend riesen Wassertanks gesammelt und vor Gebrauch mit Infrarot gefiltert und rein gemacht. Währenddessen bin ich eher mit Aufgaben wie Putzen und Betten machen beschäftigt. Es gibt hier auf Aroha Island zusätzlich zu zwei Zeltplätzen noch 2 Cottages und eine Lodge, die natürlich auch sauber gemacht und in Schuss gehalten werden müssen. Obendrein sind wir Wwoofer meist für den ablution block zuständig, was Duschen, Toiletten und die kleine Küche des Platzes umfasst.
Man ist plötzlich wieder 6 Jahre alt
Abends gehen wir erneut auf Kiwi Tour und nach langem Suchen sehen wir endlich unseren ersten Kiwi! Was für eine tolle Erfahrung! Schon allein die Wanderung in der Nacht ist eine Erfahrung, auf die sich die Sinne erstmal einstellen müssen. Wann sind wir denn das letzte Mal nachts durch den Wald gelaufen? Wir Stadtmenschen sind weder die Geräusche, noch das Zurechtfinden im Dunkeln gewöhnt. Daher ist es für mich umso prägender, sich plötzlich wieder mal ganz auf seine eigenen Sinne zu verlassen und nach Geräuschen zu lauschen, während man sich vorsichtig auf einem nahezu unbekannten Weg entlangtastet. Dazu kommt noch, dass man ausschließlich rotes Licht (entweder durch Einstellung an der Taschenlampe oder aushilfsweise auch mit doppelter, roter Zellophanschicht auf der weißen Lampe) verwenden darf, da man sonst den Kiwi verscheuchen würde. Und man hat auch nur eine vage Vorstellung davon hat nach was man überhaupt Ausschau halten soll. Wundervoll zu spüren, dass man auch als Erwachsener komplett eintauchen kann und sich gespannt als Entdecker durch die Nacht pirschen will. Man ist völlig auf sich und seine Umgebung konzentriert und vergisst dabei alles andere komplett. Wenn man dann noch zusätzlich so viel Glück hat und einen Kiwi zu Gesicht bekommt, dann ist der Abend vollends perfekt. Unbedingt empfehlenswert für Jeden!
Gutes Essen und Unterhaltung
Am Montag arbeiten wir mehr als die vereinbarten Stunden und so kriegen wir den nächsten Tag frei. Abends wollen wir uns mal etwas gönnen für den langen Tag und beschließen, ins örtliche Kino zu gehen: Dort schauen wir „The Lady in the Van“, ein lustiger britischer Film. Anschließend genießen wir noch die leckeren Köstlichkeiten im Café Jerusalem, bevor der Tag zu Ende geht.
Per Fähre nach Russell
Unseren freien Tag nutzen wir, um nach Russell, der ersten Pakeha (Maori-Wort für Weiße)-Siedlung Neuseelands zu fahren. Es geht also zurück nach Paihia und dort auf die Auto-Fähre, die uns für 12,50 NZD pro Strecke nach Russell bringt - übrigens eine Überfahrt von ca. 1min. Russel war seinerzeit ein Zufluchtsort für Walfänger und andere Seefahrer, die sich hier erholten und nach Unterhaltung sehnten. Daher gab es für die erste Hauptstadt der Kolonie auch einen netten Beinamen: Höllenloch des Pazifik. Zuerst besichtigen wir den berühmten Fahnenmast, von dem wir schon bei unserem Besuch in Waitangi viel gelesen haben. Besagter Maori Häuptling Hone Heke hat damals 4 Mal den Auftrag gegeben, den Fahnenmast umwerfen zu lassen. Denn - anders als vereinbart - sollte nicht nur der Union Jack wehen, sondern auch die neuseeländische Flagge. Da dies den britischen Siedlern missfiel, mündete der Konflikt später in kriegerische Auseinandersetzungen. Auf dem Weg nach oben zum Fahnenmast, sehen wir einen Kiwi-ähnlichen Vogel, der Weka genannt wird. In Russell besuchen wir die Pompallier Mission, die erste katholische (weil französische) Mission in Neuseeland und heute ein lebendes Museum. Im Hinterhof der Mission befand sich früher auch die erste Gerberei und im Obergeschoss eine der ersten Buchdruckereien, die auch Bücher auf Maori gedruckt hat. Dem französischen Bischof Pompallier wurde die Verantwortung für Ozeanien übertragen und so landeten alle katholischen Missionare zunächst in Russell. Der Bischof erwies sich als Befürworter der Maori Kultur und unterstützte die Verhandlungen in Waitangi dahingehend, dass jeder Neuseeländer frei sein sollte in seiner Religionswahl und -ausübung: nach seiner Verhandlung Teil des Vertrags von Waitangi. Unserer Meinung nach, ein fortschrittlicher Bischof. Wir machen noch einen kurzen Abstecher zur Christ Church, der ältesten Kirche Neuseelands und gönnen uns auf dem Rückweg noch ein Eis, bevor wir den Heimweg antreten.
Bianca an der Druckmaschine
Bianca zeigt in der Pompallier Mission in Russell Buchdrucker-Qualitäten à la Gutenberg
Die Insel bringt uns Freunde fürs Leben
Am Mittwoch beginnt der Arbeitstag erstmal mit neuen Kollegen und wir lernen Alex und Selina kennen, die nun fast am Ende ihrer Neuseelandreise nochmal den Weg nach Aroha Island gefunden haben und mit uns zusammen wwoofen. Das Wort kommt von Wwoof - Worldwide Opportunities on Organic Farms - ein Netzwerk zum Finden und Vermitteln von ökologischen Farmen und den passenden Freiwilligen. So ganz passt das nicht, da beim klassischen wwoofen auch Verpflegung inkludiert ist und man Vollzeit arbeitet. Uns ist es jedoch egal wie unsere Arbeit hier heißt, wofer, wwofer, volunteers, cleaners - Hauptsache wir haben Spaß dabei. Und den haben wir! Wir verstehen uns sofort blendend mit Alex und Selina und die Arbeit vergeht wie im Flug, wenn man alles zu Viert und mit so viel Spaß und guter Laune anpackt. Zwischendurch machen wir immer wieder Tee bzw. Kaffeepausen und unterhalten uns über die Reise, Pläne und das Leben. Nach der Arbeit kochen wir zusammen, machen Sport oder quatschen einfach über alles Mögliche. Simon nimmt Thomas und Alex zweimal mit zum Angeln und wir verspeisen zusammen die Ausbeute. Alex macht abends manchmal die guided walks und hilft Besuchern dabei, den Kiwi zu sehen. Wir sollten ihn den Kiwi-Flüsterer nennen.
Ursprünglich hatten wir nur eine Woche Aufenthalt in Aroha geplant, aber es gefällt uns hier so gut und unser anderes Jobangebot in Coromandel hat sich leider als Osterei entpuppt, so dass wir einfach erstmal länger bleiben. Das stellt sich als absolut richtige Entscheidung heraus und wir haben die nächsten Tage viel Spaß, auch weil wir Bertl kennenlernen und er mit uns Jungle Speed spielt, obwohl er die Regeln erstmal im Internet nachlesen musste. Wir lachen so laut und so langanhaltend, dass uns die Bäuche wehtun und eine ältere Dame sich aus ihrem Wohnwagen schält um uns daraufhin zu weisen, dass doch jetzt Nachtruhe für alle Gäste ist (21:45h!) Bertl bleibt uns noch weitere Tage erhalten und genießt ein bisschen die Ruhe, die auf Aroha Island herrscht.
Wichtigste Lektion: Abschied nehmen fällt immer schwer
Alex und Selina verbringen noch 2 Wochen hier und wir dürfen als Dankeschön für die gute Arbeit alle Vier für 2 Nächte in die Lodge ziehen. Wie man sich plötzlich als König fühlt, wenn man ein Sofa hat und nachts nicht zur Toilette quer über den Campingplatz laufen muss. Fantastisch! Außerdem nutzen wir die Gunst der Küche, vor allem den Backofen und machen selber Pizza. Abends gucken wir gemütlich einen Film und mampfen Chips. Am nächsten Tag sollte es eigentlich Lasagne geben, aber dieser Plan wurde schnellstens über Bord geworfen, als unsere stolzen Fishermen mit 4 großen Snappern heimkehrten. Zusammen mit Wendy und Simon genießen wir selbstgemachte Fish&Chips und haben einen wundervollen Abend. Alex und Selina verkaufen ihren Van und schenken uns viele wertvolle Dinge, die sie nicht mitnehmen können. Der Abschied macht uns dann sehr zu schaffen und es fließen ein paar Tränen. Obwohl wir nur 2,5 Wochen miteinander geteilt haben, kommt es uns vor als würden wir uns schon ewig kennen. Einfach toll, solche großartigen Menschen kennenzulernen. Wir wünschen den Beiden eine gute Weiterreise und freuen uns jetzt schon auf einen Besuch in Deutschland.
Abenteuer-Übersicht
2adventurers Fotos aus
Aroha Island & Russell
2adventurers Fotos aus
Aroha Island & Russell
0 Kommentare
Bislang gibt es zu diesem Beitrag noch keinen Kommentar. Willst du nicht vielleicht der/die Erste sein?